CHAOS AND ABSOLUTE PERFECTION
Rosa Windt
At first glance, the oeuvre of Stephan Jäschke seems extremely heterogeneous.Both in terms of content and in his use of media, an inconsistency stands out in particular, expressed in a wide range of subjects, materials, and styles. Gestural painting and painting in the style of Pop Art, for instance, along with large-scale banners with text and photorealistic borrowings represent just a small sampling of Jäschke's exploration of painting. Even his installations, drawings, objects made of plastic or bronze, or a new ceramic series are characterized less by an aesthetic symbiosis than a mutual antithesis.With an attitude reminiscent of both the avant-garde of the twentieth century and a radical aesthetic rethinking as well as the so-called Junge Wilde, the "young wild ones," of the 1980s, Jäschke isn't interested in establishing a style that is recognizable and has market value; his aim with each series and individual object is to question collective viewing habits and art-historical references and to transpose them into their own aesthetic and ambivalent expressive form. Here, the series, as an opportunity for investigation and sequence, is of recurring importance and appears as a consistent method in almost every medium. While a new series of ceramic vessels, for instance, explores possibilities of aesthetic ruptures between function and dysfunction as well as the organic and the constructed, Jäschke's series "Frucht auf Kunstbuch" (Fruit on Art Catalogues) shows finely crafted paintings that correlatively create a moment of irritation via the presence of lemons, strawberries, or apples rendered in the picture. On the one hand, the selected and painted catalogue pages point to Jäschke's art historical references as well as to his recurring interest in the situational and everyday still life. In this respect, his approach can also be described as a mode of Gesamtkunstwerk something, a method, a medium comes into focus and is often transformed at great speed into a compressed series. As a result, a multifaceted simultaneity arises, similar to everyday seeing, which is not homogenous in itself but nevertheless calls up innumerable mutual references such as the painting of a garishly luminous lemon on Malevich's black square juxtaposed with a deep black, glittering relief of a skull or a CD gesturally painted on permeable nettle fabric and a stack of ceramic obiects in the same design but with completely different haptics and coloring. What at first glance appears as a chaotic juxtaposition, fans out into a precise analysis of art and life with obiects that stand on their own and in a community, so to speak, form a whole.
CHAOS UND ABSOLUTE PERFEKTIONRosa WindtAuf den ersten Blick erscheint das Werk von Stephan Jäschke extrem heterogen. Sowohl inhaltlich als auch im Umgang mit Medien sticht besonders eine Uneinheitlichkeit hervor, die sich in einer großen Bandbreite von Sujets, Materialien und Stilen ausdrückt. Gestische Malerei, Malerei im Stil der Popart, großformatige Schriftbanner oder fotorealistische Anleihen bilden beispielsweise nur einen kleinen Ausschnitt Jäschkes Auseinandersetzung mit Malerei. Und auch Installationen, Zeichnungen, Objekte aus Plastik, Bronze oder eine neue Keramikserie zeichnen sich weniger durch eine ästhetische Symbiose als vielmehr eine wechselseitige Antithese aus. In einer Haltung, die sowohl an die Avantgarde des 20. Jahrhunderts und ein radikales ästhetisches Umdenken als auch an die sogenannten Jungen Wilden der 1980er Jahre erinnert, geht es Jäschke dergestalt nicht darum einen Stil mit Wiedererkennungs- und Marktwert zu arrivieren sondern vielmehr darum mit jeder Serie und jedem einzelnen Objekt kollektive Sehgewohnheiten und kunsthistorische Bezüge zur Disposition zu stellen und in einen eigenen gleichsam ästhetischen wie ambivalenten Spannungsbogen zu überführen. Der Serie als Möglichkeit der Untersuchung und Reihung kommt dabei wiederkehrende Bedeutung zu und findet sich fast in jedem Medium als konstante Methode. Während eine neue Serie keramischer Gefäße, beispielsweise Möglichkeiten ästhetischer Brüche, zwischen Funktion und Dysfunktion sowie Organischem und Konstruiertem untersucht, zeigt Jäschke mit der Reihe „Frucht auf Kunstbuch“ feinausgearbeitete Malereien, die korrelierend durch präsent ins Bild gesetzte Zitronen, Erdbeeren oder Äpfel einen Moment der Irritation erzeugen. Einerseits referieren die ausgewählten und abgemalten Katalogseiten dabei auf Jäschkes kunsthistorische Bezüge wie auch auf ein wiederkehrendes Interesse am situativen und alltäglichen Stillleben. In dieser Hinsicht lässt sich Jäschkes Vorgehensweise auch im Modus des Gesamtkunstwerkes beschreiben – etwas, eine Methode, ein Medium rückt in den Fokus, und wird vielfach mit großer Geschwindigkeit in eine komprimierte Serie überführt. Als Resultat entsteht gleich dem alltäglichen Sehen eine facettenreiche Gleichzeitigkeit, die in sich nicht homogen ist aber dennoch unzählige Bezüge untereinander aufruft – wie beispielsweise die Malerei einer grellleuchtenden Zitrone auf Malewitschs schwarzem Quadrat in Gegenüberstellung mit einem tiefschwarz glitzernden Relief eines Totenkopfes oder einer gestisch auf durchlässigem Nesselstoff gemalten CD und einem Stapel keramischer Objekte in der gleichen Formgebung jedoch gänzlich anderer Haptik und Färbung. Was auf den ersten Blick wie eine chaotische Aneinanderreihung erscheint, fächert sich in dieser Hinsicht zu einer präzisen Analyse von Kunst und Leben mit Objekten, die für sich allein stehen und in Gemeinschaft gleichsam ein Ganzes ergeben.